Jörg Schrickel
An der Nord- und Ostsee wird der Bau von Terminals für die Anlandung und Speicherung von Flüssigerdgas (LNG) geplant – in Brunsbüttel, Stade, Wilhelmshaven und Rostock. Neben Schiffsanleger sind Lagertanks, Verdampfungsanlagen des LNG und ein Anschluss an das Erdgasnetz vorgesehen.
Das Erdgas muss vor dem Transport mit einem Energieaufwand von 10 - 25 % seines Energiegehalts abgekühlt werden. Zur Einspeisung ins Erdgasnetz muss es wieder erwärmt werden, was weitere 1 - 2% Energieaufwand kostet.
Aufgrund von Synergieeffekten mit lokalen Industrieunternehmen ließen sich in Stade und Brunsbüttel diese 1-2% einsparen, was aber die schlechte Klimabilanz nur geringfügig verbessert!
Die Investitionen für ein LNG-Terminal liegen zwischen 450 und 850 Mio. € und erfordern eine langfristige Auslastung. Bisher ist an keinem der Standorte ein Bauantrag gestellt. Die Umweltverbände sehen gute Chancen, die Erteilung der Genehmigung durch Klagen aufgrund der standortspezifischen Situationen zu verzögern, zu verändern oder zu verhindern. Für die Standorte Stade und Brunsbüttel sind Klagen aufgrund des Störfallrisikos in Vorbereitung.
Energiewirtschaftlicher Hintergrund:
Als Lieferländer für LNG kommen – wie schon bei den Terminals in Rotterdam und Dunkerque – Katar, Russland, Kanada und die USA in Frage. In den USA wird das LNG mittels Fracking gefördert. (Zur Gefahr von Fracking für Mensch und Umwelt siehe Links im Anhang. Zu Fracking in Deutschland die NDR-Doku: Die Tricks der Öl- und Gaskonzerne in Deutschland - Verschmutzen, verharmlosen und vergiften. Auf YouTube: www.youtube.com/watch.
Deutschland hat einen Erdgasverbrauch von rd. 600 TWh im Jahr (60 Mrd. m3). Eine TWh (Terawattstunde) entspricht einer Milliarde Kilowattstunden (kWh). Die Liefermenge aus den geplanten LNG-Terminals liegt bei jeweils 80 - 100 TWh im Jahr. Die bestehenden LNG-Terminals in Nord-West-Europa (Niederlande, Belgien, Frankreich) haben eine Lieferkapazität von über 400 TWh im Jahr und können mittels LKW oder Pipeline den nordwestdeutschen Raum bedienen. Sie waren bisher nur zu ca. 25 % ausgelastet. Es bestehen also heute schon Überkapazitäten, die durch neue Terminals nur vergrößert würden.
Es gibt klare Anzeichen, dass die Projekte politisch und geostrategisch motiviert sind.
Große klimaschädigende Wirkung von Methan:
Jede Form der Erdgasgewinnung ist mit Methanemissionen verbunden. Beim Fracking ist dieser Methanschlupf besonders hoch. Angesichts von Kipppunkten im Klimasystem, die sich weiter verstärkende Effekte auslösen, müssen weitere Methanemissionen mit besonderer Dringlichkeit vermieden werden.
Bei der Umweltwirkung von Energieträgern muss zwischen den lokal freigesetzten Schadstoffen und den Emissionen der gesamten Bereitstellungskette unterschieden werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um das klimaschädliche Gas Kohlendioxid sowie um gesundheitsschädliche Luftschadstoffe wie Kohlenmonoxid, Stickoxid, Schwefeldioxid und Feinstaub bzw. Ruß.
Bei methanhaltigen Energieträgern spielen die Verluste während der Bereitstellungskette wegen der hohen Klimawirksamkeit eine besondere Rolle. Bezogen auf den international vereinbarten Vergleichszeithorizont von 100 Jahren verursacht ein Kilo Methan die gleiche Treibhauswirkung wie 28 kg CO2. Wichtiger für das Stoppen der Klimaerwärmung unter Berücksichtigung sogenannter Kipppunkte im Klimasystem sind die nächsten 20 Jahre. Über diesen Zeitraum betrachtet hat Methan ein CO2-Äquivalent von 85. Methanleckagen treten sowohl bei der Förderung als auch beim Pipeline-Transport und bei der Verbrennung auf. Der Methanschlupf von Erdgas aus Fracking-Verfahren ist deutlich höher als bei konventioneller Förderung.
Fazit: Erdgas und LNG aus konventionellen Quellen sind weniger klimaschädlich als Steinkohle. Somit können beide Energieträger für eine möglichst kurze Zeitspanne eine Brückentechnologie bis zur vollständigen Dekarbonisierung darstellen. LNG aus US-Fracking-Gas ist eindeutig klimaschädlicher als Steinkohle und ist unter Klimagesichtspunkten klar abzulehnen.
Genau dafür sind aber die neuen LNG-Terminals vorgesehen! Hier geht es um die strategischen Belange der USA und um die Gewinne von US-Konzernen.
Im Schiffsverkehr stellt LNG eine Alternative zu Schweröl und Marine-Diesel dar. Während deren klimawirksame Emissionen die von LNG aus konventioneller Förderung mittelfristig übersteigen, liegen die von LNG aus Fracking-Gas höher als bei Marine Diesel. Die lokal wirksamen Schadstoffe (Stickoxide, Rußpartikel, Feinstaub und Schwefeldioxid) können durch die Verwendung von LNG noch weiter reduziert werden als durch den Wechsel zu Marine-Diesel. Wenn LNG als Schiffstreibstoff eingesetzt werden soll, wäre aber auch eine lokale Verflüssigung von Pipeline-Erdgas möglich.
Nachnutzung der LNG-Terminals für Wasserstoff:
Die Investoren stellen in Aussicht, dass die LNG-Terminals langfristig auch für die Nutzung von Wasserstoff geeignet wären.
Das Gasnetz wäre grundsätzlich dafür geeignet. Eine Zumischung von Wasserstoff zum Erdgas ist üblich. Neue Gasleitungen müssen per Gesetz H2-ready sein.
Schwieriger wird die Speicherung:
In Fahrzeugen erfolgt sie in Drucktanks. Zum Schiffstransport und Lagerung in Kryotanks bei -253°C. Das ist mit hohen Verlusten verbunden. LNG wird bei -162°C gelagert. LNG-Tanks wären also nicht automatisch für Wasserstoff geeignet
Grüner Wasserstoff wird als Alternative der Zukunft feilgeboten. Der ist bisher aber nicht in industriellem Maßstab verfügbar. In Deutschland wird es vermutlich auch künftig keine ausreichenden Herstellungskapazitäten geben. Denn dazu braucht man im ersten Schritt grünen Strom. Genauer gesagt Ökostrom, der sonst abgeriegelt würde, weil er zu dem Zeitpunkt, wo er produziert wird nicht abgenommen werden kann. Ansonsten ist die direkte Stromnutzung bedeutend ökonomischer.
Es gibt Ansätze, grünen Strom bzw. Wasserstoff in Nordafrika zu produzieren. Diese Infrastruktur muss erst langfristig aufgebaut werden. Gleichzeitig sind die Wirkungsgradketten schlecht, d.h. die Kosten hoch. Also müssen fossile Brennstoffe erst viel teurer werden, damit sich der Umstieg auf Wasserstoff lohnt.
Das wird eher Jahrzehnte als Jahre dauern.
Es wäre früh genug über Wasserstoffterminals nachzudenken, wenn es genug regenerativ erzeugten Wasserstoff gibt.
Fazit:
Der Aufbau von neuen LNG-Terminals widerspricht den Zielen des Klimaschutzes und ist energiewirtschaftlich unsinnig. Der Aufbau einer neuen Struktur für fossiles LNG wird sich bei Einhaltung der Klimaziele als überflüssig erweisen. Es droht zudem auf Basis der Energiecharta - wie schon in anderen Fällen - die Zahlung von Entschädigungen, wenn aus dem LNG-Import aus Klimaschutzgründen bald schon wieder ausgestiegen werden muss.
Investitions- und Fördermittel sind stattdessen allein für die effiziente und sparsame Energienutzung, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Power-to-Gas-Technik zu verwenden. Den Import von Fracking-Gas aus den USA ist aufgrund der in hohem Maße umweltschädigenden Fracking-Technik grundsätzlich abzulehnen.
Links Fracking und LNG
- Die Tricks der Öl- und Gaskonzerne in Deutschland - Verschmutzen, verharmlosen und vergiften:
https://www.youtube.com/watch?v=EoQEJwY26rw
- Fracking - Wie sich eine Katastrophe anbahnt (Doku):
https://www.youtube.com/watch?v=q3dveWb0fd0
- Shale cowboys: fracking under Trump - Docu – 2017: