BUND Kreisgruppe Stade

Luftschadstoffmessungen in Bützfleth – klare Ergebnisse für zu hohe Belastung aus der Industrie

11. Dezember 2020 | 2020, Umweltgifte

Der BUND unterstützt die Forderungen der Bürgerinitiative Bützfleth. Gesundheitliche Risiken müssen durch weitere Untersuchungen und Maßnahmen ausgeschlossen werden.

Foto: Oliver Mohr / Pixelio.de

Pressemitteilung vom 5.12.2020
BI Bützfleth
Bürgerinitiative für eine umweltfreundliche Industrie
www.buergerinitiative-buetzfleth.de

Luftschadstoffmessungen in Bützfleth – klare Ergebnisse für zu hohe Belastung aus der Industrie
Am 25.11.2020 wurde auf der Sitzung des Ortsrats Bützfleth ein Gutachten der Firma ANECO, Hamburg zu Luftschadstoffmessungen vorgestellt. Die Ergebnisse der Messungen an 4 Standorten in Bützfleth im Zeitraum August 2019 bis Juli 2020 wurden vom Projektleiter Dr. Klaus Berger vorgestellt und durch kritische Ortsratmitglieder hinterfragt.

Die BI Bützfleth zusammen mit der WGB des Ortsrats hatten Anfang 2019 diese Untersuchungen gefordert und waren dafür bis zum Umweltministerium in Hannover vorstellig gewesen. Hintergrund war eine Genehmigung für eine Müllverbrennungsanlage in Bützfleth mit hohen zusätzlichen Emisssionen in der eine Vorbelastung in Bützfleth nicht einmal thematisiert wurde.  Zusammen mit dem Toxikologen Dr. Kruse der Uni Kiel hatte die BI für die Stadt Stade ein weit umfangreicheres Konzept ausgearbeitet, das in der Laufzeit und im Parameterumfang auf ca. 25% des ursprünglichen Konzepts (vermutlich aus Kostengründen) gekürzt wurde. So wurden alle organischen Schadstoffe (u.a. DOW Emissionen), Quecksilber und Feinststaub (PM 2,5) einfach aus dem Konzept gestrichen.

Das Gutachten von ANECO zeigt bei den meisten Parametern (Schwermetalle) niedrige bis mittlere Messwerte unterhalb der nach Bundesimmissionsschutzverordnung (39. BImSchV) und nach der Technischen Anleitung Luft (TA- Luft) vorgegebenen Grenzwerte. Das ist erstmal erfreulich und beruhigt auch Eltern, Kinder und Senioren, die in Bützfleth leben sowie die Landwirte, die Lebensmittel wie Obst oder Milch produzieren.
Leider gilt das aber nicht für alle untersuchten Schadstoffe. Das Metall Aluminium zeigte im Staubniederschlag und im Schwebstoff überproportional hohe Werte und mit Spitzenwerten von über 1900µg/m²*d  also 5-10 fache Überschreitungen des Vergleichswert für ländliche Räume (VDI 200-400µg/m²*d).

Nach einer ersten Sichtung stehen nun zahlreiche fachliche Fragen im Raum. Warum wählte der Gutachter in seiner Darstellung den oberen Grenzwert 500µg für städtische Räume  (VDI 300-500µg/m²*d)? Im Gutachten werden die hohen Werte mit der nahen Aluminiumverarbeitung erklärt aber zu den Folgen für Leib und Leben der Bevölkerung wird nichts ausgeführt. Eine Bewertung der Ergebnisse nach Immissionsschutzrecht war nicht Auftrag des Gutachters ist der lapidare Satz im Gutachten. Auch eine toxikologische Bewertung erfolgt in dem Gutachten ausdrücklich nicht.

Aluminium ist im Luftstaub keineswegs harmlos. Es kann dort unterschiedlichste Verbindungen eingehen und schwere irreparable und sogar tödliche Erkrankungen auslösen, u.a.  Krebs, Alzheimer und Demenz. Davon steht im Gutachten gar nichts und leider hat das auch Herr Berger nicht einmal mündlich erwähnt.

Zudem sind im Gutachten von ANECO auch Fehler und Versäumnisse zu beklagen, die bereits im ersten Bericht nach 6 Monaten (Zwischenbericht vom März 2020) von der BI angemahnt und für die konkrete Verbesserungen gefordert wurden. Bereits dort zeichnete sich ein sehr untypisches Jahr für den Messzeitraum ab und die BI forderte eine enge Korrelation mit Wetterdaten aus der Region. Leider ohne Erfolg. Auch im Endbericht wurde weiter auf Winddaten der Station Ruthenstrom gesetzt und  langjährige Mittel aus Hamburg zum Vergleich herangezogen. Warum wurde denn jeden zweiten Tag der Schwebstaub gemessen? Doch nicht nur um am Ende ein Jahresmittel zu erhalten! Gerade in dem sehr untypischen Jahr der Messung (extrem nasser Herbst 2019 und sehr trockenes Frühjahr, Sommer 2020) ist es erforderlich die Belastungssituation mit den den wetterdaten so zu korrelieren, sodass Aussagen zu „normalen“ Jahren möglich sind. Dabei stehen genauere Wetterdaten aus zahlreichen Stationen vor Ort und in Stade zur Verfügung wie die WGB noch in der Sitzung eindrücklich vorstellte.

Es gab extrem wenig Ostwindphasen im Messzeitraum und da der Staubniederschlag nur monatsweise ermittelt wurde sind spezifische Aussagen zu den Windeffekten erschwert. Vergleicht man aber vereinfacht nur die Monate mit nennenswerten Ostwindphasen (4) gegen die Monate ohne Ostwind (7) kommt sogar doppelt so viel Aluminium im Bereich der Kita (MP1) an. In den zwei Monaten mit höherem Ostwindanteil (April und Juni 2020) werden die Spitzenwerte beim Aluminium an der Kita erreicht. Warum steht das nicht klar im Gutachten?
Wie sähe die Belastung somit in normalen Jahren aus oder gar in Phasen mit andauernden Ostwindlagen? Inversionswetterlagen im Winter wurden gar nicht thematisiert.

Für die Informationen zur Herkunft der Schadstoffe und den Bewertungen im Kontext regionaler Wetterdaten bleibt das Gutachten weit hinter seinen Möglichkeiten zurück und vergibt eine große Möglichkeit der detaillierten Analyse. Zumindest ist mit den Messungen nun eine Basis geschaffen um die Belastung einordnen zu können, wenn auch nur für einen Teil der tatsächlichen Immissionen.

Forderungen der BI

  • Untersuchung von Quecksilber und Aluminiumderivaten an ausgewählten Rückstellproben der bisherigen Analysen
  • Toxikologischen Bewertung der Befunde durch einen Experten
  • Immissionsschutzrechtliche Bewertung der Befunde durch das ZUS Hildesheim
  • Auswertung regionaler Wetterdaten zu bestimmten Fragestellungen wie Herkunft, Repräsentativität (normiert auf normale Jahre) und Verteilung der Schadstoffe
  • Konzept der Industrie wie Staub und Aluminium in der Luft in Bützfleth reduziert werden kann, überprüfbare Auflagen durch das GAA
  • Weitere Luftschadstoffmessungen zu Emissionen der anderen Industriebetriebe (u.a. organische Schadstoffe, Quecksilber etc.)

BI Bützfleth
Bürgerinitiative für eine umweltfreundliche Industrie
www.buergerinitiative-buetzfleth.de

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